Auferstehungsfenster von Michael Triegel in der St.-Johannis-Kirche zu Plauen
Die Idee, die Bildsprache über Jesus Christus in der Johanniskirche mit einem Auferstehungsfenster zu vervollständigen, kam vom ehemaligen Pfarrer Hans-Jörg Rummel.
In der St. Johanniskirche sind verschiedene Darstellung aus dem Leben und Sterben Jesu zu sehen:
Wir stehen im Altarraum vor dem spätgotischen Weihnachtsaltar mit Szenen der Geburt Jesu.
Links sehen wir den Taufstein und darüber ein Bild von 1750, das die Taufe Jesu mit der Stadtansicht Plauens im Hintergrund darstellt. Auf der anderen Seite zeigt uns ein spätgotisches Kruzifix die Kreuzigung von Jesus. In der Predella des Altarschreines befindet sich hinter Holztüren die Darstellung der Grablege Jesu. Hiermit endete bisher das Bildprogramm der Johanniskirche.
Seit Ostern 2023 ist die Gesamtkomposition mit dem Auferstehungsfenster vorläufig vollendet:
Die St.-Johannis-Kirche und dieses Fenster sind nach Ostern zur aufgehenden Sonne und in Richtung Jerusalem ausgerichtet. Anders als bei anderen historischen Kirchenfenstern ist das Bild von innen und außen bei verschiedenen Lichtsituationen gut erkennbar. Es ist also auch für Menschen sichtbar, die die Kirche von außen betrachten.
Das Auferstehungstryptichon will uns zu eigener Interpretation und Meditation anregen.
Hier darf sich jeder unterschiedlich ansprechen lassen:
Was sehe ich zuerst, was begeistert mich, was stört mich?
Was erblicke ich erst bei längerer Betrachtung und wirft Fragen in mir auf?
Hier geben wir einige Gedanken vom Künstler Michael Triegel wieder, die er am Ostermorgen vorgetragen hat:
Zuerst fällt der Blick auf das mittlere Fenster, das den auferstandenen Christus zeigt, der uns mit lebendigem Gang entgegenläuft, sogar schwebt.
In seiner Hand trägt er die Osterfahne als Siegeszeichen über den Tod.
Auch ist er mit einem Ganzkörperheiligenschein, einer sogenannten Mandorla umgeben. Das könnte ein Zeichen für den geöffneten Himmel sein. Auch erhebt er seine rechte Hand, die wie ein Siegeszeichen oder eine Fackel wirkt. Erkennbar sind drei ausgestreckte Finger. Sie sind eine Segensgeste für die Betrachter und die Gemeinde.
Hinter seinen Beinen erblicken wir einen Regenbogen, das Zeichen für den Bund Gottes mit uns Menschen.
Ganz unten sehen wir einen Menschenschädel, der als alter, toter Adam interpretiert werden kann. Der lebendige Christus darüber kann als neuer Adam bezeichnet werden, der Sünde und Tod überwunden hat. Daneben finden sich Tierknochen und erinnern an das „Totenfeld“ aus dem Buch des Propheten Hesekiel.
Über den Knochen sind Fische erkennbar, die ein frühchristliches Symbol sind: Der Ichthys-Fisch steht für die Kurzform des christlichen Glaubensbekenntnisses "Jesus Christus, Gottes Sohn und Erlöser".
Mit den Fischen sind zudemdie Glieder der Gemeinde Jesu gemeint, die im Gegensatz zu den toten Knochen Leben in sich haben und ganz munter nach links streben.
Die linke Seite des Bildes kann als Lebensseite, vielleicht sogar als die Auferstehungsseite verstanden werden. Sind das Adam und Eva oder wir, die auf Jesus schauen? Die Bibel berichtet, dass Frauen die ersten Auferstehungszeugen sind. Eva schaut mutig und erwartungsfroh auf den Auferstandenen. Der Glaube an ihn gibt ihr Würde und Freiheit, sie braucht sich nicht zu verstecken (das erklärt die nackte Darstellung). Hinter Eva ist ein historischer Sarkophag zu sehen, der in den Hintergrund gerückt ist. Der Tod ist besiegt. Eva ist hier das Sinnbild der erlösten Menschheit. Adam schaut scheu und schamhaft hinter dem Vorhang hervor. Er scheint überrascht und beschattet sein Auge mit der Hand.
Hinter Adam und Eva ist ein schöner grüner Feigenbaum zu sehen. Er wird auch als paradiesischer Baum der Erkenntnis bezeichnet. In der Bibel wird berichtet, dass die Menschen über diesen Baum mit Schuld und Erkenntnis in Berührung kamen und das Paradies verloren haben. Aber vielleicht schließt sich hier der Kreis durch Jesus. Weil die Menschen fähig sind auf den auferstandenen Christus zu schauen und ihm zu vertrauen wird es auch für sie Ostern. Sie sind frei und wieder auf der lebendigen Seite des Paradieses.
Oben sind links und rechts geöffnete Vorhänge zu sehen, bei denen man an den zerrissenen Vorhang im Jerusalemer Tempel nach Jesu Kreuzigung denken kann (Mat 27, 51).
Diese geöffneten Vorhänge passen optisch gut zum Rundbogenfenster darüber. So wird die rechteckige Form des gemalten Fensters optisch abgemildert.
Das ganze Bild öffnet sich als Auferstehung nach oben.
Beachtung verdient die hochinteressante Lichtsituation: Jesus als Licht der Welt ist Quelle des Lichtes. Er steht im Zentrum und strahlt sowohl in das linke als auch in das rechte Bild aus. Auf alle fällt das Licht der Auferstehung. Man kann die Schatten sowohl im linken, als auch im rechten Bild erkennen.
Die rechte Seite wirkt mit der hölzernen Figurungewöhnlich, beinahe leblos. Diese Art von Holzpuppen (Manekino) haben Maler in ihren Ateliers, um bspw. Faltenwürfe nachzuempfinden.
Auf dieser Seite ist der Vorhang ebenfalls geöffnet, dennoch erscheint alles hölzern und leblos. Die gesichtslose Puppe sitzt mit dem Rücken zur Wand, der verdrehte Fuß scheint auf Verklemmung und Angst hinzuweisen. Die Holzpuppe wirkt aufgrund der Ziegelmauer im Hintergrund wie eingemauert. Auf ihremSchoß ist eine alte Schreibmaschine mit einem eingespannten Blatt Papier zu erkennen. Wird hier das starre und tote Gesetz gezeigt, in dem wir so oft gefangen sind? Auf der Guss-Schreibmaschine ist links der Markenname „Ideal“ zu sehen. Gibt es ein Ideal-Gesetz? Einem Ideal kann man sich zwar nähern, es aber letztlich nie ganz erfüllen. Gesetze sind für das Zusammenleben notwendig, aber besteht bei starrer Auslegung nicht oft die Gefahr alles Leben zu schädigen, ja zu töten? Was würde ich für ein Ideal auf der Schreibmaschine formulieren? Wären es tote Buchstaben oder Worte, die zum Leben verhelfen?
Unten liegt ein angebissener Apfel, der an den Sündenfall erinnert und an den in sich verkrümmten Menschen, der sich aus eigener Kraft nicht befreien kann.
Als Anhang vielleicht noch einige sachliche Hintergrundinformationen zum Auferstehungsfenster:
Pfarrer Rummel konnte den Kirchenvorstand und einige wichtige Sponsoren für das Vorhaben begeistern (u. a. die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, Sparkasse Vogtland, Landeskirche Sachsen, Stadt Plauen und private Spender).
Es war als Geschenk zur 900-Jahrfeier der St.-Johannis-Kirche und Plauens im Jahr 2022 gedacht.
Pfarrer Rummel setzte sich mit der Galerie Schwind in Leipzig in Verbindung, die Michael Triegel vertritt und konnte so erste Schritte in Richtung Verwirklichung seiner Idee gehen.Die Idee eines farbigen Auferstehungsfensters hat den Künstler sofort gereizt. Nach einem Schwarz-Weiß-Fenster in Köthen ist es sein erstes farbiges Fenster, das er gestaltete. Auch ist es sein erstes Kunstwerk für Sachsen.
Im April 2022 war Michael Triegel erstmals in Plauen zu Gast und hat sich die St.-Johannis-Kirche angeschaut. Er konnte sich vor Ort sofort die Wirkung eines Auferstehungsfensters vorstellen und entwickelte begeistert Ideen dafür.
Im Herbst 2022 malte er ohne spezielle Vorgaben einige Monate daran. Anfang Dezember konnten einige Mitglieder des Kirchenvorstandes und Kunstexperten im Leipziger Atelier von Michael Triegel das fast fertiggemalte Kunstwerk erstmals betrachten. Alle waren begeistert.
Drei Wochen vor Ostern fuhr eine kleine Gruppe von 8 Personen nach Paderborn, um den weiteren Werdegang des Bildes mitzuerleben. In der Glasmalerei Peters, mit der Michael Triegel zusammenarbeitet, hatte die Gruppe eine 3-stündige Führung durch den Betrieb mit dem Firmenchef.
Die Firma ist international mit den vielseitigsten Glastechnologien in den bekanntesten Kirchen der Welt und für sonstige Kunstobjekte unterwegs. In der Glasfirma Peters konnten wir unser Auferstehungsfenster sehen, nachdem das in Öl gemalte Bild gescannt, etwas vergrößert und dann auf Glas gedruckt wurde. Dort hat Herr Triegel die Farbintensität des Bildes mit Bemalung nachgearbeitet. Das Glas wurde danach mehrmals gebrannt, und anschließend mit Verbundsicherheitsglas verstärkt. In der Karwoche wurde es schließlich in unserer Kirche eingebaut und kann jetzt mit all seinen Facetten und Aussagen auf uns wirken.
Der Kirchenvorstand der St.-Johannis-Kirchgemeinde